Yannicks Blog

Tag 46

Dec 162018

Da habe ich mich doch glatt bei 36Grad Außentemperatur erkältet. Deswegen liege ich heute mal ein bisschen flach, aber heute ist ja eh Sonntag und wir hatten nichts weiter vor. Insofern kann ich euch auch in Ruhe von den letzten beiden Tagen erzählen.

Anfang der Woche kam seit langem endlich mal wieder eine Rutsche Geld und seit Mittwoch wird auch wieder ordentlich reingehauen. Als ich am Freitag am Haus ankam, war bereits ein Klempner da, der sich um den Wasseranschluss kümmerte. Wir haben jetzt also tatsächlich fließendes Wasser in zwei voll ausgestatteten Badezimmern. Zuvor machten Chimezie und ich uns auf zum Markt, um weitere Baumaterialien, wie beispielsweise Zement und Sand, zu besorgen, was auch sehr erfolgreich war. Als Chime sich dann auf den Weg machte, um Türen, Zargen und Fenster zu bestellen, blieb ich im Dorf und schnappte mir ein paar Leute, um ihnen einen Crashkurs in die Welt des Computers zu geben.

Der Kontrast ist schon phänomenal. Mein Leben ist ohne diesen ganzen Schnickschnack kaum mehr vorstellbar und die Leute hier sind komplett unberührt davon; und zwar nicht nur unberührt von Computer und Internet, sondern auch von Fernsehen, Radio, Zeitung oder sonstigen Medien (das gibt es natürlich in Nigeria, aber im Dorf spielt das absolut keine Rolle). Als ich „Awo Omamma“ oder „Chimela e.V.“ bei Google eingab und sie die Einträge und Bilder sahen, platzten beinahe ihre Köpfe. Ich erläuterte ihnen sowohl Vorteile, als auch Nachteile vom Internet. Sie lauschten sehr aufmerksam und erkannten schnell, dass es ein wunderbares Medium darstellen kann, um sich selbst zu bilden. Dann überließ ich ihnen den Laptop und schaute, was passiert. Es wurden Suchanfragen gestellt, wie beispielsweise „Wie viele Menschen leben in Nigeria?“, „Wer ist der reichste Mensch Nigerias?“ oder – mein persönlicher Favorit – „Wer war die erste weibliche nigerianische Pilotin?“. Besonders die Antwort auf die erste Frage war urkomisch, denn zu erfahren, dass knapp 200 Millionen Leute im eigenen Land leben, wenn man über seinen Mikrokosmos von ein paar hundert Leuten noch nie hinweg geschaut hat, ist sicherlich ein Schock. Außerdem wurde Solitär und sogar Schach gespielt, was innerhalb weniger Minuten verstanden wurde. Nach zwei Stunden kam Chime wieder, wir aßen zusammen zu Mittag, machten uns auf den Heimweg und schon war der Tag wieder um.

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Gestern machten wir uns schon sehr früh auf ins Dorf, so dass wir bereits um 9:30Uhr dort waren. Die Stimmung war herrlich, denn es gab endlich wieder Arbeit und somit auch Geld. Doch eine Sache brachte mich besonders zum Strahlen: es sah aus, wie geleckt!! Ich kämpfe hier wirklich seit meiner Ankunft gegen diesen verfluchten Müll an und nachdem ich mir letzten Samstag eine neue Herangehensweise ausgedachte hatte, schien diese so richtig zu fruchten. Dies geschah nach drei einfachen Fragen

1. Was glaub ihr, ist Gottes größte Schöpfung? -> Unser Planet und das Leben darauf.
2. Ihr glaubt doch sehr feste an Gott und liebt ihn über alles, oder? -> Ja.
3. Wieso respektiert ihr dann nicht seine größte Schöpfung?

Die letzte Frage wurde lediglich mit verwirrten Blicken beantwortet, in denen ich die gewünschte Deduktion stattfinden sah, die die Verbindung herstellen sollte. Ich fügte dem nichts mehr hinzu und wartete, ob ich diesmal ein Resultat erkennen würde. Und siehe da .. kein Stück Plastik, keine Flaschen und sogar der Sand wurde sauber gefegt!

Anschließend zogen wir sehr diszipliniert die fünf Stunden Unterricht durch. Erst zwei Stunden die Kleinen, dann drei Stunden die Großen. Ich genieße es nach wie vor sehr, wie die Kids an meinen Lippen kleben. Umso vorsichtiger und bedachter muss ich natürlich meine Worte wählen, denn ich könnte ihnen einen Staubsauger in der Sahara verkaufen. Zwischenzeitlich hörte ich Trommeln in der Ferne, die immer näher kamen. Es handelte sich dabei um eine Gruppe von Kindern, die einen traditionellen Tanz einstudierten, um damit durch die Gegen zu ziehen und sich ein wenig Kleingeld für Weihnachten zu verdienen. Das war natürlich zuckersüß und auch von uns gab es eine Kleinigkeit.

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Leider konnten wir am Ende des Unterrichts keine Musik zusammen machen, da ich vorgestern mit Entsetzen feststellen musste, dass der Hals der Gitarre gebrochen war. Es sieht nicht so aus, als könnte man es reparieren, was sehr bitter ist. Mal schauen, ob ich am Ende noch ein bisschen Kohle über habe, um eine neue zu kaufen (die dann wahrscheinlich auch nach zwei Wochen kaputt geht).

Pünktlich bei Ende des Unterrichts kam Chimezie mit einem Pickup vorgefahren, der bereits die gestern bestellten Türen und die Türzargen geladen hatte. Am Montag folgen dann die Fenster und es wird alles in einem Rutsch montiert. Ist das erfolgt, ist das Erdgeschoss offiziell dicht! Wir ließen den Tag bei einem verdienten Bierchen ausklingen und ich hatte sogar noch genügend Datenvolumen, um die Bundesliga im Internetradio zu verfolgen. Mit diesen wundervollen Neuigkeiten entlasse ich euch jetzt in den Sonntag. Ich mach mir dann mal den zehnten Kamillentee am heutigen Tage.

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P.S.: Es gibt noch mehr gute Nachrichten. Lucky hat auf die Behandlung wunderbar reagiert und die Infektion ist bereits vollständig abgeklungen.