Yannicks Blog

Tag 49

Dec 192018

Ihr seht schon, dass sich die Frequenz meiner Beiträge bereits reduziert hat und ich mich auf einen 3-Tage-Rhythmus eingependelt habe. Das liegt auf keinen Fall daran, dass ich nichts mehr zu erzählen habe, eher das Gegenteil ist der Fall, denn seitdem die Vorweihnachtszeit begonnen hat, bin ich von morgens früh bis abends spät unterwegs und falle meist halbtot ins Bett. Selbst in diesem Zustand verbringe ich dann noch mindestens zwei Stunden damit, mit Leuten zu telefonieren und mich auf Bevorstehendes einzustellen. Die Vorbereitungen für das Fest, der Bau, die Streithälse, der Unterricht, dann hat hier wieder jemand Malaria, dort wurde jemand vom Hund gebissen .. und die ganze Welt schaut auf Yannick. Die Tatsache, dass ich mittlerweile tief im Leben der Leute verwurzelt bin, stellt sich als echte Zerreißprobe für mich heraus. Dennoch habe ich gelernt, mich mit den Umständen zu arrangieren und was mir vor sechs Wochen noch schlaflose Nächte bereitete, ist nun beinahe Normalität.

Was passiert hier denn so den ganzen Tag? Die Hälfte der Zeit geht schon mal locker für den Bau drauf. Ich Helfe Chimezie dabei, den Überblickt zu behalten, Pläne zu machen, die Arbeiter zu kontrollieren und Materialien zu beschaffen. Obwohl ich hier und da schon mal auf Baustellen gearbeitet habe, bin ich zwar noch lange nicht vom Fach, aber ich kann meine Tugenden und mein Ansehen vor Ort ganz gut dafür nutzen, den Leuten ein wenig einzuheizen. So hat die Innenausstattung des Hauses innerhalb einer Woche einen riesen Sprung gemacht. Zum Wochenende ist die Fertigstellung eines weiteren Raumes geplant, so dass dieser von einer Frau und drei Kindern unseres Projektes bezogen werden kann.

Die andere Hälfte versuche ich natürlich mit den Kindern zu verbringen, was nach wie vor meine liebste Zeit ist. Wir lernen zusammen, spielen Ballspiele oder machen oft einfach nur faxen, denn so ganz erwachsen bin ich ja selbst auch noch nicht. Heute haben wir uns beispielsweise aus einer alten Blechtonne einen Basketballkorb gebaut und um Steine gewettet, wer die meisten und coolsten Würfe trifft. Die Kids haben natürlich kein Land gesehen.

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Außerdem konnten wir gestern ein neues Mitglied der Familie kennenlernen. Sie heißt Denise, wurde hier im Dorf geboren, lebt aber quasi ihr ganzes Leben in Deutschland. Eine sehr nette Abwechslung, sich mal wieder ein wenig auf Deutsch unterhalten zu können. Ich zeigte ihr alles rund um das Projekt und sie kündigte gleich an, uns während ihres Aufenthaltes ein wenig unter die Arme greifen zu wollen. Das wird am Wochenende wohl im Zuge von Workshops passieren, dessen Themen wir vorher noch besprechen werden. Von mir aus kann sie gerne das Thema Verhütung und sexuell übertragbare Krankheiten übernehmen, denn ich werde mich sicher niemals mit einer Gurke und einem Kondom vor eine Klasse stellen.

Als wir heute fertig mit der Arbeit waren, nahmen wir an einer der hunderten Beerdigungen teil. Anscheinend werden ab dem 20.12. bis etwa Mitte Januar keine Beerdigungen vollzogen, was bedeutet, dass jeder seine Angehörigen noch fix vorm 20. unter die Erde bringen möchte. Die Verstorbene schien eine recht mächtige Frau gewesen zu sein, da die Feier auf einem sehr pompösen Anwesen stattfand, welches sogar vom Militär überwacht wurde. Es versammelten sich unglaubliche Menschenmassen in bunten Gewändern, es gab eine Live-Band und Essen sowie Getränke waren für lau. Da lehnt man das Bierchen natürlich nicht ab, um selbst auch auf die Gute anzustoßen. Den Militärfritzen auf dem Foto habe ich übrigens gefragt, ob ich seine Waffe mal halten darf; fand er nicht so witzig. 

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Es ist jetzt 23:00Uhr. Gegen 19:00Uhr habe ich angefangen, diesen Eintrag zu schreiben. Zwischendurch musste ich schon wieder so viele Dinge regeln, so dass ich nun vier Stunden für die paar Zeilen hier gebraucht habe. Ich könnte euch noch mehr erzählen, schlafe aber gleich auf der Tastatur meines Laptops ein. Eines muss ich aber noch erwähnen: die rund 200 Leser dieses Blogs haben insgesamt 1296€ gespendet!!! Das macht mich unfassbar glücklich und überaus stolz. Diejenigen, die ich nicht persönlich erreichen kann, möchte ich nun auf diesem Wege einen ganz herzlichen Dank aussprechen. Ich werde hier keine Namen mehr nennen, denn ich habe anfangs nicht bedacht, dass einige vielleicht lieber anonym spenden wollen, so gehe ich auf Nummer sicher. Fühlt euch aber alle von mir gedrückt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für mich und die Leute des Projekts bedeutet. DANKE!

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